Ich habe mich für eine bessere Regelung vom Home office in der Stadtverwaltung von Bülach engagiert.

Bemerkungen zu der Antwort des Stadrats auf das Postulat Homeoffice/Desksharing in der 23. Sitzung des Parlaments vom Montag, 4. Oktober 2021:

„Geschätzter Stadrat, geschätzte Parlamentarier und Parlamentarierinnen

Ich bedanke mich für die Antwort des Stadtrats auf das Postulat Homeoffice / Desksharing.

Zunächst werde ich die Geschichte der Entstehung und Enwicklung des Postulats zusammenfassen, weil der Kontext der Entstehung und der Ereignisse des letzten Jahres entscheidend sind, um sie in ihrer jetzigen Form zu verstehen.

Danach werde ich die Antwort des Stadrats kommentieren und auch sagen, weshalb ich diese Antwort unbefriedigend finde.

Das Postulat entstand als eine Motion. Die Motion entstand nach der Antwort des Stadtrats auf die Interpellation von Romaine Rogenmoser im Namen der RPK betreffend Homeoffice/Desksharing vom 20. August 2019. Diese Interpellation wurde am 20. September 2019 im Gemeinderat begründet und betraf u.a. folgende Fragen:

– Wurden in der Planung des benötigten Raumbedarfs im ZVG Varianten von Homeoffice einbezogen?

– Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang?

Wenn nein, weshalb nicht? Wieviel Platz könnte im Hinblick auf den ressourcenschonenden Einsatz mit Homeoffice im ZVG bzw. in der gesamten Verwaltung gewonnen werden?

Welche Formen von Desksharing kommen in Frage (ab einer Präsenzzeit von unter 40-60 %) bzw. wie gross wäre diesbezüglich das Potential?“

Die Antworten, die der Stadtrat darauf gegeben hat, waren für die RPK sehr unbefriedigend. Sie wurden in der Sitzung des Gemeinderats vom 9. März 2020 traktandiert. Damals habe ich im Namen der RPK erklärt, dass die RPK sich für die Antworten bedankte, aber ich habe damals darum gebeten, „im Sinne eines raschen Informationsflusses uns nochmals die quantitativen Fragen, die wir gestellt haben, mit konkreten Zahlen zu beantworten.“ Dies ist nie passiert.

In der Antwort auf die erste Frage stand: „In der Planung des ZVG wurde Homeoffice als explizite Form nicht miteinbezogen.“

In der Antwort auf die zweite Frage konnte man u.a. lesen: „Es können momentan keine Aussagen über das Potenzial von Homeoffice gemacht werden.“

In der Antwort auf die dritte Frage wurde erklärt, dass „in die Planung des ZVG miteinbezogen“, aber es wurde uns nicht gesagt, welche Formen von Desksharing und vor allem wie viel Raum wurde durch diese Formen gewinnen werden könnte.

Man muss bedenken, dass die Sitzung des Gemeinderats, in der dieses Traktandum behandelt wurde, am 9. März 2020 stattgefunden hat. Und wir erinnern uns alle daran, dass der Bundesrat am 13. März den Lockdown für die ganze Schweiz beschlossen hat. Den Rest der Geschichte bis heute kennen wir alle, und wir wissen, was für Folgen die Pandemie in vielen Arbeitsbereichen gehabt hat. Eine Zeit lang galt sogar eine Home-Office-Pflicht in der ganzen Schweiz. Bitte vergessen wir das nicht.

Die Motion wurde dann als Folge der Diskussion im Parlament in ein Postulat verwandelt.  Die Geschäftsleitung hat ausserdem damals einige Anpassungen vorgeschlagen, die wir als RPK sofort umgesetzt haben. Unter anderem wurde von Seiten des Stadtrats bemängelt, dass die RPK nicht als Urheberin der Motion gelten darf. Deshalb haben wir die jetzige Formulierung gewählt, die bereits in ähnlichen Fällen früher in der RPK verwendet wurde:

„Die RPK hat beschlossen, ihr Mitglied, Gemeinderat Luís Calvo, zu beauftragen, diesen Vorstoss in seinem Namen einzureichen“, und so habe ich es auch gemacht.

Ferner hat der Stadtrat damals bemängelt, dass die Einheit der Materie nicht gegeben war. Deshalb haben wir uns auf eine sehr einheitliche Materie beschränkt:

„Der Stadtrat wird beauftragt, dem Gemeinderat eine Änderung der Personalverordnung mit einer Ergänzung im folgenden Sinne vorzulegen: Berücksichtigung und Umsetzung der entsprechenden Massnahmen betreffend Full-Time-, Part-Time-, Front Office- und Back Office-Anstellungen für folgende Bereiche:

– Homeoffice

– Desksharing“

Die Geschäftsleitung sah dadurch die Einheit die Materie auch als gegeben.

Es blieb ein Punkt, den der Stadtrat auch bei der Motion kritisiert hat, nämlich die Personalverordnung als nicht passende Gesetztesstufe. Mit dieser Meinung war ich persönlich gar nicht einverstanden. Mit der Motion und dann mit dem Postulat wurden Ergänzungen auf Stufe der Personalordnung verlangt. Der Stadtrat wurde damit beauftragt, weil die Personalverordnung in der Kompetenz der Legislative liegt. Der Stadtrat bekam dadurch die Gelegenheit, eine passende und rechtlich korrekte Formulierung zu wählen, die dann im Parlament diskutiert werden muss. Der Stadtrat kann sich nicht gleichzeitig darüber beklagen, dass die Gesetzesstufe zu abstrakt und zu konkret ist. Entweder das Eine oder das Andere wäre der Fall. Diese Argumentation des Stadrats blieb damals äusserst widersprüchlich.

Ich komme jetzt zu meinem zweiten Punkt: Die Antwort des Stadrats auf das Postulat zu kommentieren und auch zu sagen, weshalb ich diese Antwort unbefriedigend finde.

In der Antwort des Stadrats steht unter anderem:

„Der Stadtrat nimmt daher das Postulat als Anregung auf, die gesetzlichen Bestimmungen über Homeoffice und Desksharing zu überprüfen.“

Beim Lesen habe ich gedacht, die Anregung wird hoffentlich ernst genommen. Eine gute Anregung kann einiges bewirken.

Aber dann lese ich:

„Angeregt durch das Postulat passt der Stadtrat die bestehende Bestimmung Art. 15 der Vollziehungsbestimmungen wie folgt an: «Arbeiten zu Hause (Homeoffice) ist grundsätzlich möglich. Der Stadtrat regelt die Einzelheiten.»“

Das ist eine sehr vage und wenig konkrete Formulierung, die wenig Interesse an der Sache verrät.

Ferner:

„Im Jahresarbeitszeitreglement wird demnach Ziffer 3.3 entsprechend angepasst: «Arbeiten zu Hause ist mit Bewilligung der/des Vorgesetzten grundsätzlich möglich, sofern die Erreichbarkeit des Teams gewährleistet ist. Der Betrieb der Verwaltung darf dadurch nicht beeinträchtigt werden. Die Geschäftsleitung der Stadtverwaltung bestimmt die ausführenden Richtlinien.»“

Selbstverständlich muss der Vorgesetzte das Home office bewilligen, dagegen kann man nichts haben. Aber das ist gerade der Punkt: Weshalb kann man hier nicht deutlicher werden, um Sicherheit bei der Planung zu gewährleisten und nicht alles von persönlichen Entscheiden von einzelnen Vorgesetzten abhängig zu machen?

Und noch dazu schreibt der Stadtrat:

„Eine Änderung, im vorliegenden Fall wäre es eine Ergänzung, der Personalverordnung, wie im Postulat angeregt, gebietet sich aus Sicht des Stadtrats deshalb nicht.“

Das alles scheint mir eindeutig zu wenig. Der Stadtrat zeigt sich ein Mal mehr in dieser Frage als beratungsresistent und wenig mutig.

In der Antwort des Stadtrats wird darüber informiert, wie die Situation in der Bülacher Verwaltung heute ist. Man erfährt u.a., „dass gut die Hälfte der Mitarbeitenden der Stadtverwaltung teilweise oder vollständig zuhause arbeiten“, und zwar gemäss einer Umfrage vom Januar 2021. Ich frage mich, welche Schlussfolgerung zieht der Stadtrat für die Benutzung der Räumlikeiten im ZVG (Zentrales Verwaltungsgebäude):

Wäre es nicht an der Zeit, etwas tiefer über die Folgen vom Home office für die Verwaltung und das ZVG zu reflektieren und entsprechende Massnahmen zu treffen?

– Kann man unter solchen Umständen die Büroflächen nicht effizienter nutzen und dieses Thema für das ganze Gebäude regulativ verankern, damit genügend Transparenz und Planungsicherheit vorhanden ist?

Denn der Platz in den Büros des ZVG ist nicht unendlich. Die Anzahl der Verwaltungsangestellten ist in den letzten Jahren gewachsen und wird wahrscheinlich weiter wachsen. Wenn die Fläche für die Büros nicht weiter zunimmt, wird das jetzige ZVG nicht reichen, um allen einen Arbeitsplatz anzubieten, die ihn brauchen. Das ist eine grosse Herausforderung, die man ernst nehmen muss. Wenn man Home office und Desksharing jetzt nicht genug ernst nimmt, wird nichts anders in nächster Zukunft übrig bleiben, als neue Gebäude anzumieten und das ZVG auszubauen.

Das andere Thema, das das Postulat angesprochen hat, ist Desksharing. Hier ist die Beratungsresistenz des Stadrats noch stärker als beim Thema Home office. In der Antwort kann man u.a. lesen:

Eine gesetzliche Grundlage für Desksharing zu schaffen, erachtet der Stadtrat als nicht zielführend. Desksharing ist aus Sicht des Stadtrats eine Massnahme mit dem Ziel einer bestmöglichen Nutzung der Arbeitsfläche. Die heute angewandte Richtgrösse, dass mit weniger als 50 Prozent Arbeitspensum oder Anwesenheit kein Anspruch auf einen eigenen Arbeitsplatz erhoben werden kann, erachtet der Stadtrat als in der Praxis gut etabliert. Bei der Planung der Arbeitsplätze im neuen Stadthaus wurde dieser Grundsatz denn auch konsequent miteinbezogen und wird im laufenden Verwaltungsbetrieb verlässlich umgesetzt. Weiter ist der schonende Ressourceneinsatz in der Verwaltung, sei dies beim Einsatz von Personal oder auch bei den betrieblichen Mitteln, primär die Führungsverantwortung.“

Wie in früheren Antworten wird uns nicht gesagt, welche Formen von Desksharing und vor allem wie viel Raum konnte durch diese Formen tatsächlich gewonnen werden. Aber wenn man diese Haltung mit der Haltung und der Planung in anderen Institutionen in der Schweiz vergleicht, ist man erstaunt über die Antwort vom Stadtrat. Am Donnerstag den 30. September konnte man z.B. auf Seite 9 der Zeitung Zürcher Unterländer ein Artikel über folgendes Thema lesen: „ETH-Angestellte teilen sich ihre Pulte. Desksharing hält Einzug. Der Bund will seinen Angestellten den eigenen Schreibtisch abgewöhnen. Davon betroffen ist auch die ETH. In Oerlikon wird das neue Modell bereits ausprobiert.“

Eine Reise nach Oerlikon an die ETH würde sich für den Stadrat m. E. lohnen. Dort würden sie etwa erfarhen, dass eine staatliche Institution etwas umsetzt, was in der Privatwirtschaft schon längst weit verbreitet ist. Es gilt ein sogenanntes Multispace-Konzept umzusezten, sodass viele Angestellte keinen eigenen Arbeitsplatz mehr benötigen. Im Artikel steht ferner:

„Im Dezember 2020 hat der Bundesrat in Konzept verabschiedet, um bei der Bundesverwaltung Desksharing  einzuführen.“

Zurzeit wird an der ETH in Oerlikon ein Konzept erarbeitet, das dem Bundesrat bis Ende Jahr vorgelegt wird. Ich zitiere:

„Es soll aufzeigen, wie die ETH in den kommenden Jahren bei möglichst vielen Arbeitsplätzen auf das neue Konzept umstellen kann.“

Es wird ernst genommen, weil man auch dort die Büroflächen effizient zu nutzen sind. Die Angestellten werden übrigens in die Entscheidungen mit einbezogen. Das alles vermisse ich in der Antwort des Stadtrats.

Wir sind uns einig, dass das ganze Raumthema eines der sensibelsten überhaupt im Arbeitsleben ist. Nicht zuletzt geht es dabei um so etwas wie „Raumklima“ und um die Frage des vernünftigen Umgangs mit Ressourcen. In diesem Sinne und im Interesse der Stadt und der Mitarbeitenden der Stadtverwaltung möchte ich dringend davon abraten, so wenig wie möglich zu tun und Zeit zu gewinnen, um wieder ein Mal nichts oder kaum etwas zu unternehmen.

Vielen Dank für Eure und Ihre Aufmerksamkeit.“