Menschenunwürdig und teuer

Was geschieht in Bülach, wenn vorläufig aufgenommene Personen aus dem System der Sozialhilfe ausgeschlossen werden? Das wollte Claudia Forni, Gemeinderätin der Grünen, von Stadtrat erfahren. Die Antwort auf ihre Interpellation ist aufschlussreich.

Bisher bietet das stadteigene Programm Reissverschluss massgeschneiderte Arbeits- und Integrationsmassnahmen an. In Deutsch-Intensiv-Kurse erwerben vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (VA-A) zudem die für ihre Arbeitsintegration unerlässlichen Sprachdiplome. Die Kosten für beide Massnahmen trägt während 10 Jahren der Kanton. In Genuss der Programme kommen aktuell 22 mehrheitlich junge Menschen: Frauen, Männer und Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten, zurzeit über die Hälfte aus Syrien.

Der Ausschluss dieser Schutzbedürftigen aus der Sozialhilfe hätte u.a. die Streichung der kantonalen Unterstützung zur Folge. Die Stadt Bülach müsste Kosten von aktuell rund 240’000 Franken im Jahr selber tragen oder auf die Integrationsmassnahmen verzichten. Die Folgen eines solchen Verzichts sind in der Interpellationsantwort klar benannt: Die bewährte Hilfe zur Selbsthilfe – mit dem Ziel der wirtschaftlichen Selbständigkeit – wäre nicht mehr im heutigen Ausmass möglich. «Vermutlich würde ein Teil der VA-A eher im Billiglohnsegment tätig und ein weiterer Teil arbeitslos sein sowie weiterhin ganz oder teilweise finanziell von der Stadt Bülach bzw. vom Staat abhängig sein.»

Dies umso mehr als die Stadt auch nicht mehr alle Kosten für den Lebensunterhalt, die Krankenkasse und allfällige weitere Leistungen dem Kanton weiterverrechnen könnte, sondern nur noch für sieben Jahre eine Tagespauschale von 36 Franken pro Person erhielte. «Dies käme mit der Zeit einer Kostenverlagerung vom Kanton zu den Gemeinden gleich.»

Die Pauschale reicht gerade noch für die Unterbringung im Asylzentrum. «Heute finden VA-A teilweise noch Wohnungen und etliche ziehen auch von Bülach weg. Ein Wegzug in eine andere Gemeinde wäre für VA-A kaum mehr möglich. Falls der Trend der steigenden Anzahl der VA‑A nicht abbrechen würde, würden mit der Zeit immer mehr VA-A auch über längere Zeiträume hinweg in den Flüchtlings- und Asylzentren bleiben. Dies könnte – je nach Entwicklung der Arbeits- und Integrationsmassnahmen – dazu führen, dass sich der Anteil von perspektivenlosen Personen in den Zentren erhöhen würde.»

Das wäre menschenunwürdig und es wäre teuer. Wie man es auch dreht und wendet: Nicht nur die vorläufig Aufgenommenen, auch die Gemeinden wären bei einem solchen Systemwechsel die Verlierer.

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